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Deutschland Keine Lust auf Studium

Abiturienten verdrängen Hauptschüler vom Ausbildungsmarkt

Politik-Redakteurin
Immer mehr Abiturienten drängen in Lehrberufe

Immer weniger Hauptschulabsolventen bekommen einen Ausbildungsplatz. Gleichzeitig ist in den vergangenen Jahren der Anteil der Abiturienten gestiegen, die eine Lehre antreten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie.

Quelle: WELT

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Weil Abiturienten nach der Schule zunehmend eine berufliche Ausbildung statt ein Studium starten, haben niedrig gebildete Jugendliche das Nachsehen. Das zeigt eine Studie. Gerade Hauptschüler drohen ins Abseits zu geraten – und womöglich „ganz aus dem System“ zu fallen.

Nicht die wachsende Studierneigung ist schuld daran, dass Unternehmen immer mehr Probleme haben, ihre freien Ausbildungsstellen zu besetzen. Grund ist vielmehr, dass Schüler mit niedriger Bildung oftmals die Qualifikationsanforderungen verfehlen und deshalb schlechtere Chancen auf eine Lehrstelle haben. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie, die das FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erstellt hat.

Demnach konkurrieren Hauptschüler auf dem Ausbildungsmarkt zunehmend mit Abiturienten. Sie haben die berufliche Ausbildung offenbar für sich wiederentdeckt. Hatten sich 2011 nur 35 Prozent eines Abiturjahrgangs für eine Berufsausbildung entschieden, war es 2021 mit 47,4 Prozent schon annähernd die Hälfte eines Abiturjahrgangs, die sich gegen ein Studium und für eine betriebliche oder schulische Berufsausbildung entschieden haben.

„Von einer mangelnden Attraktivität der Berufsausbildung für Abiturientinnen und Abiturienten kann keine Rede sein“, sagt Dieter Dohmen, Direktor des FiBS Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie und Autor der Studie. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass vor allem Hauptschüler zunehmend Probleme bekommen, sich gegenüber der besser gebildeten Konkurrenz durchzusetzen.

Obwohl eine berufliche Ausbildung für sie meist die einzige Option ist, haben sie es immer schwerer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Nur noch 84,4 Prozent eines Jahrgangs finden nach dem Abschluss einen Ausbildungsplatz – ein Fünftel weniger als noch 2011. Insgesamt wurden 2021 706.000 duale und schulische Ausbildungsverhältnisse neu begründet – 140.000 weniger als im letzten Rekordjahr 2007 (844.000).

Quelle: Infografik WELT

Viele der Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz finden können, landen traditionell im sogenannten Übergangssektor – ein Sammelbegriff für Maßnahmen, in die Jugendliche einmünden, um den Schulabschluss zu verbessern oder sich auf den Ausbildungseinstieg vorzubereiten. Besonders häufig wird dieser Weg von jungen Menschen mit maximal Hauptschulabschluss eingeschlagen. Doch auch hier sind die Teilnehmerzahlen mit 225.000 jungen Leuten auf einem Tiefstand.

„Viel zu viele gehen auf Ausbildungsmarkt leer aus“

„Vor dem Hintergrund der gesunkenen Zahl der Ausbildungsverträge ist dieses Ergebnis überraschend, da der Übergangssektor in der Vergangenheit als ‚Auffangbecken‘ bei rückläufigen Ausbildungszahlen fungierte“, heißt es in der Studie. Doch auch dafür gibt es eine Erklärung. Und sie entbehrt nicht einer gewissen Dramatik.

Grund ist nämlich, dass es eine wachsende Zahl junger Menschen gibt, die sich weder in Ausbildung noch in der Schule oder in Arbeit befinden: die sogenannten NEETs (Not in Employment, Education or Training). Im Jahr 2021 wurden in der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen 630.000 Personen zu dieser Gruppe gezählt, im Jahr 2019 waren es noch 492.000.

„Dieser Anstieg bei den NEETs hat einen deutlich stärkeren Effekt als der demografisch bedingte Rückgang der Schulabgangszahlen“, heißt es in der Studie. „Die Entwicklung ist dramatisch“, sagt Dieter Dohmen. „Viel zu viele Jugendliche gehen auf dem Ausbildungsmarkt leer aus oder fallen ganz aus dem System. Wir müssen die Integrationsfähigkeit des Ausbildungssystems wieder deutlich erhöhen.“

Vor allem für Jugendliche mit niedriger Schulbildung wird es trotz vieler Tausend unbesetzter Ausbildungsplätze immer schwieriger, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Ursachen dafür liegen unter anderem in steigenden Qualifikationsanforderungen auf dem Ausbildungsmarkt und in regionalen Ungleichgewichten. Auch hat die Corona-Krise vielen Jugendlichen den Berufseinstieg aufgrund fehlender Praktika und Orientierungsmöglichkeiten erschwert. „Für diese jungen Menschen ist die Gefahr besonders groß, ohne berufliche Qualifizierung zu bleiben und damit in prekären Beschäftigungsverhältnissen oder Dauerarbeitslosigkeit zu landen“, warnte Clemens Wieland, Ausbildungsexperte der Bertelsmann-Stiftung.

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Im Jahr 2020 lag die Quote der Ungelernten im Alter von 20 bis 35 Jahren laut Berufsbildungsbericht bei 15,5 Prozent und damit bei mehr als 2,3 Millionen. Bei jungen Menschen ohne Schulabschluss liegt die Ungelernten-Quote sogar bei 64,4 Prozent und selbst bei denjenigen mit Hauptschulabschluss noch bei mehr als einem Drittel (35,8 Prozent).

Diese Zahlen seien „in jeder Hinsicht beunruhigend“, sagte Wieland. Trotz unbesetzter Ausbildungsstellen und Fachkräftemangel gerieten niedrig gebildete Jugendliche auf dem Ausbildungsmarkt mehr und mehr ins Abseits. Die steigende Ungelernten-Quote sei „sowohl aus individueller als auch aus sozialer und ökonomischer Perspektive dramatisch und unter keinen Umständen tragbar“.

Wieland forderte eine Ausbildungsgarantie, „die wirklich jedem jungen Menschen eine Ausbildungschance gibt und die auch individuelle Begleitung und Unterstützung beinhaltet, um den Abschluss zu erreichen.“ Der aktuelle Gesetzesentwurf zur Ausbildungsgarantie greife hier „noch deutlich zu kurz“.

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